Während des 2. Weltkriegs gab es Slowenien als politische Institution nicht: das gesamte Gebiet der heutigen Republik Slowenien war ein Grenzgebiet zwischen den Achsenmächten. Deswegen waren die slowenischen Juden einer nicht enden wollenden Verfolgung und Deportation ausgesetzt. 1941 bei der Besetzung durch deutsche Truppen, 1942 durch italienische Truppen bei ihrer Besetzung von Teilen Sloweniens, 1943 nochmals nach der Kapitulation Italiens und letztmalig 1944 in Prekmurje, als Adolf Eichmann persönlich die Säuberung von Juden Ungarns und der besetzten Gebiete vornahm, sowie in Ljubljana, wo die übrig gebliebenen Juden von der Heimatwehr den Deutschen übergeben wurden.
Der Leidensweg der slowenischen Juden begann aber nicht 1941. Bereits in den frühen dreißiger Jahren, als die Nazis an Einfluss gewannen, haben viele verstanden was kommen wird. Einige sind deswegen zum Christentum konvertiert, andere entschlossen sich schon da auszuwandern, hauptsächlich nach Kanada und in die USA. Nach dem Anschluss Österreichs wurden Slowenien und das Gebiet des 1. Jugoslawiens von zehntausenden Juden überschwemmt, die einen Weg über das Meer raus aus Europa suchten. Zu diesem Zeitpunkt flohen auch viele slowenische Juden, weil auch der jugoslawische Staat vermehrt antijüdische Gesetze verabschiedete, wodurch ihnen das Recht auf Ausbildung genommen wurde, auf Eigentum sowie auf wirtschaftliche Betätigung. Viele glaubten jedoch auch nicht, dass der nazistische antisemitische Wahnsinn bestand haben würde oder irgendwie an die Macht käme, weswegen sie blieben. Ganz selten flüchteten welche in letzter Minute. Die meisten blieben bis zur Deportation daheim. Von diesen verloren sehr viele in den Konzentrationslagern ihr Leben.
Eine Hand voll Juden überlebten den 2. Weltkrieg. Zurück in der Heimat war man ihnen jedoch nicht freundlich gesinnt; eher schlug ihnen auch da noch ein eisiger Wind ins Gesicht. Zu Beginn erklärte sie die neue Staatsmacht zu ethnischen Deutschen. Jeder von ihnen musste nachweisen, dass er das nicht ist, sondern ein Jude ist. Insbesondere mussten sie sich des Vorwurfs einer Zusammenarbeit mit den Nazis erwehren. Wer noch etwas hatte, dem gelang es nicht sich erfolgreich gegen die Beschlagnahme, die Zwangsverwaltung und Nationalisierung des Vermögens zu wehren. Wer vor dem 2. WK Besitzer von Industrieanlagen oder von Handwerksbetrieben war und der bereits durch die Besatzungsmacht während des 2. WK enteignet wurde, der blieb nicht nur auch nach dem Krieg enteignet, dem wurde sogar vorgeworfen Hochverrat begangen zu haben und mit den Besatzungsmächten zusammengearbeitet zu haben. Bei solchen Verhältnissen entschieden sich wenige überlebende slowenische Juden für einen Neubeginn in Jugoslawien. Sie wanderten 1948 nach Israel aus. Vor der Verschiffung mussten sie eine Erklärung unterschreiben, dass kein Verwandter und kein zukünftiger Nachkomme einen Anspruch auf Vermögen oder Besitz auf dem Gebiet Jugoslawiens hat. Außerdem mussten sie sich ihrer jugoslawischen Staatsangehörigkeit entsagen. Die jüdische Gemeinde Jugoslawiens hat 10 Jahre lang um sein Vermögen gekämpft, für das sie entweder mit kleinsten Beträgen in Gerichtsverfahren entschädigt wurden oder das schlichtweg „nationalisiert“ wurde. In Murska Sobota wurden 1954 die Synagogen und das Gebäude des Rabbis abgerissen und sogar 1992 noch wurde die sogenannte jüdische Schule in Lendava abgerissen.
Jüdische Friedhöfe wurden geschändet, in der Kapelle des Friedhofs in Rožna dolina an der Grenze zwischen Italien und Slowenien wurde ein Casino eingerichtet. Die Entnationalisierung 1992 berücksichtigte nicht die besondere Situation der jüdischen Opfer der Nazis und die Enteignung durch das Nachkriegsregime, inklusive der Aberkennung der Staatsangehörigkeit und der konstruierten Gerichtsprozesse. Die slowenischen Juden finden sich auch nicht im Gesetz über das Verhältnis der Republik Slowenien mit den Slowenen außerhalb der slowenischen Grenzen wieder, das 2006 verabschiedet und 2010 novelliert wurde. Die slowenische Verfassung und die Gesetze halten am Prinzip der „Verursachernation“ fest. In 23 Jahren hat es die Republik Slowenien nicht geschafft eine grundsätzliche Antwort auf den Holocaust und seine Folgen zu geben. Die Hand voll Überlebenden und Nachfahren der Opfer des Holocausts kämpfen seit langem an slowenischen Gerichten, wo sie oftmals zuerst um die Aufhebung der konstruierten Urteile wegen Hochverrat kämpfen müssen.
Wenn wir heute in der jüdischen Kultusgemeinde in Ljubljana mit dem Lesen der Namen der slowenischen Juden gedenken, den Opfern des Holocausts, müssen wir uns auch die Opfer vor Augen führen, deren Name wir nicht hören werden. Wir werden nicht die Namen der Familie Falter aus Jurklošter lesen, die mehrheitlich kurz vorm Krieg flüchteten und selbst nach dem Krieg noch politisch verfolgt wurden und sogar als Volksfeinde inhaftiert wurden. Auch den Namen des Textilindustriellen Marko Rosner aus Maribor werden wir nicht hören, der ein großzügiger Spender der Slowenischen Akademie der Wissenschaft und Kunst war, die 1938 eingerichtet wurde, Arbeitgeber tausender Textilarbeiter war, der duzenden verfolgten Juden bei der Flucht vor den Nazis half und 1969 in Haifa starb, nachdem er zuvor lange bemüht war, die Verurteilung zum Hochverrat rückgängig zu machen. Wir werden den Namen der Händlerfamilie Alles Percy nicht hören, die 1942 nach Italien deportiert wurde, wo das Familienoberhaupt Rudolf verstarb und dessen Frau sowie todkranke Tochter nach dem Krieg in einer Kellerwohnung in Ljubljana ihr Leben fristeten ohne Aussicht darauf, auch nur einen kleinen Teil des Vermögens zurück zu erhalten. Werden nicht den Namen der Zwillinge Milica in Gizela Kohnstein hören, geboren 1927, die in Ausschwitz Opfer von Versuchen an eineiigen Zwillingen des berüchtigten Mengele wurden. Milica starb 1946 in Budapest an den Folgen dieser Versuche und die Schwester lebt in der Tschechei. Allen diesen Menschen und noch vielen mehr wurde durch den Antisemitismus, den Holocaust und dem Nachkriegsregime ein großes Leid angetan.
Der Holocaust fand nicht nur an slowenischen Juden statt, an den Folgen litten nicht nur die Überlebenden und deren Nachfahren, es passierte uns allen, Zeitgenossen und Nachfahren. Mit den Folgen leben wir deutlich besser, wenn wir uns daran erinnern. Je weniger wir uns daran erinnern, umso mehr besteht die Gefahr, dass sich die Geschichte wiederholt, dass wir vergessen werden, was die Aussage „Nie wieder!“ bedeutet.