Charles Lane, Kolumnist der Washington Post, hat sich der Finanzkrise in Europa gewidmet und dabei zum Vergleich den Zerfall des ehemaligen Jugoslawiens herangezogen. Genau wie im Falle Jugoslawiens, sind die Ziele der EU ein Ende der Kriege zu erreichen, eine gemeinsame Währung sowie freier Bewegungsraum für Menschen und Kapital. Dennoch ist Jugoslawien zerfallen, was einherging mit vielen Toten, wie der Autor schreibt.
Nach Auffassung Lanes handelt es sich nicht nur um eine Finanzkrise, die die EU erschüttert. „Eine wichtige Frage ist, wie kann nach dem Ende des kalten Krieges irgendeine mehrstaatliche Konföderation auf dem Gebiet zwischen dem Ural und dem Atlantik überleben, wenn überhaupt“, stellt Lane in den Raum und weiter frägt er: „Wie kann sich die EU dem Schicksal aller bisherigen Kaiserreiche und Konföderationen auf europäischem Gebiet entziehen?“
Was die EU mit Jugoslawien außerdem gemeinsam hat, ist, dass auch Jugoslawien stets versuchte auf Systemebene bzw. durch Bürokratie das Verhältnis zwischen den Staaten zu regeln. Aber Gesetze, die Änderung der Politik und Verfassungsänderungen konnten zu keinem Zeitpunkt die Rivalitäten untereinander stoppen, obwohl alle Völker Jugoslawiens sogar dieselbe Sprache sprachen.
Den Todesstoß gab Jugoslawien „die Stabilisierung bzw. die drastischen Sparmaßnahmen, zu denen der Staat wegen Überschuldung gezwungen war in den Achtzigern“. Der Staatsführer Josip Broz hat den Frieden offensichtlich erkauft und dabei den Staat hoch verschuldet. Nach den ersten instabilen Entwicklungen im Finanz- wie auch im Politikbereich, kamen die wichtigsten Republiken ins Wanken. Es mussten Rechnungen bezahlt werden und zusätzlich bekam das Volk die Sparmaßnahmen zu spüren, die von der Regierung verordnet wurden. Der gemeinsame Geist im Staat änderte sich schlagartig.
In einer ähnlichen Situation befindet sich die EU heute. Lane sagt, dass es nur 2 Wege gibt, die weiterführen: einer ist der Zerfall, der höchstwahrscheinlich nicht so blutig wird wie in Jugoslawien. Wobei er behauptet, dass der Zerfall der EU, selbst wenn er schrittweise erfolgt, das Gebiet verarmen lässt und einen gefährlichen nationalistischen Zorn hinterlässt.
Der andere Weg ist „ein Mehr an Europa“. In der EU ist die Regierung der Meinung, dass die Schwächen der Union mit dem Prinzip der Stärkung der Union behandelt werden müssen. In der Praxis bedeutet das, dass Brüssel seine Kompetenzen gegenüber einzelnen Staaten weiter ausbauen wird, was mit der Abgabe von Kompetenzen dieser Staaten über grundlegende Finanzfragen einhergehen wird. Auch die Verteilung der Macht wird nicht symmetrisch sein. Deutschland und einige reiche Staaten werden neue Regeln diktieren, während die verschuldeten Staaten ihnen folgen müssen. Natürlich nicht ohne sich zu beklagen.
Lane ist der Meinung, dass die Europäische Union zukünftig weniger demokratisch, zentralistischer und mit mehr Auseinandersetzungen sein wird. Lane schließt seinen Artikel mit der Bemerkung ab, dass er ihn aus für die EU optimistischer Sicht schrieb.