Betrachtet man den Ausgang der Parlamentswahl in Slowenien, so fallen einem zum unerwarteten Ausgang unweigerlich zwei Protagonisten der alten griechischen Mythologie ein: während Überraschungssieger Jankovic wie ein Phönix aus der Asche stieg, stürzte Favorit Jansa wie der Sagenvogel Ikarus aus den Höhen der Meinungsumfragen unsanft auf den harten Boden der Realität. .
Während der bisherige Premier Borut Pahor mit seiner Mitte-Links-Koalition sich im Vorfeld bereits mental auf die Wahlniederlage bei der Parlamentswahl vorbereiten konnte, bekam der Oppositionsführer und designierte Wahlsieger Janez Jansa vom Wähler eine bittere Ohrfeige und der als Newcomer zwar wahrgenommene, aber völlig falsch eingeschätzte Jankovic ging als unerwarteter Sieger ins Ziel.
Erwartete Niederlage Pahors
Pahors Niederlage war absehbar und fiel so aus, wie man es vorausgesehen hatte. Er verlor 60% seiner bisherigen Gefolgschaft und erreichte gerade mal noch 10,5 % der Stimmen. Nichts desto trotz eröffnet das Wahlergebnis Pahor selbst unerwartete Perspektiven. Musste er vor einigen Tagen noch damit rechnen, bei dem erwarteten Wahlsieg seines Konkurrenten Jansa in der politischen Bedeutungslosigkeit zu verschwinden, kann er nun sogar damit rechnen, als der nächste Aussenminister Sloweniens weiter auf dem außenpolitischen Parkett präsent zu sein.
Wahlsieger Jankovic, der mit seiner erst vor zwei Monaten gegründeten Parte „Positives Slowenien“ auf Anhieb 28,5 % der Stimmen auf sich vereinigen konnte, braucht verlässliche Koalitionspartner. Da er eine Zusammenarbeit mit Jansa von vorn herein ausschloss, muss er sich diese unter den anderen Parteien suchen. Jankovic kündigte im Wahlkampf eine sozialdemokratische und sozialverträgliche Politik an, so dass eine Zusammenarbeit mit Pahors SD naheliegend ist. Da Pahor der einzige potentielle Partner mit außenpolitscher Erfahrung ist, dürfte ihm im Falle einer Koalition der Posten des Außenministers daher sicher sein. Aus diesem Grunde machte er vermutlich trotz der gestrigen Schlappe seiner eigenen Partei einen recht aufgeräumten Eindruck in den Interviews.
Jankovic, bislang Bürgermeister der Hauptstadt, kommt aus der Wirtschaft und ist ein klassischer Quereinsteiger. Er präsentierte sich im Wahlkampf als klassischer Gegenpart zu Jansa, der in seiner Laufbahn schon mit zahlreichen Korruptionsvorwürfen konfrontiert wurde. Aktuell laufen die Gerichtsverfahren zur sogenannten „Patria-Radpanzer-Affäre“. Dieses Auftreten als „Anti-Jansa“ hat Jankovic vermutlich den unerwarteten Wahlsieg beschert.
Ohrfeige für Jansa
Jansa selbst legte in der Vergangenheit schon fast „Berlusconi-Qualitäten“ an den Tag, wenn es um das Überstehen von Affären und Skandalen ging. Umso überraschter wird er von der Wahlniederlage sein – insbesondere, da ihm die Meinungsforscher permanent einen Sieg um die 35 % der Stimmen prognostizierten. Neben Jansa sind diese nebenbei bemerkt die anderen Verlierer der Parlamentswahl. Der von diesen prognostizierte Wahlsieg Jansas fiel schlicht und einfach aus, was ein Zeichen dafür ist, dass der Wähler nicht so einfach zu „durchschauen“ ist, wie man vielleicht glaubt. Sicher war angesichts des desaströsen Scheiterns der bisherigen Mitte-Links-Koalition ein Sieg der oppositionellen Konservativen unter Jansa auf den ersten Blick zu erwarten, aber die Meinungsforscher unterschätzen offenbar sträflich die Tatsache, dass zwar ein Wechsel vom Wähler gewollte wurde, aber nicht mit Jansa.
Die Umfragen wogen diesen in Sicherheit und er beschränkte sich dann nicht mehr darauf, die Bewältigung der Krise und einen wirtschaftlichen Aufschwung zu versprechen, sondern betonte im Laufe des Wahlkampf immer mehr, eine rechte Politik machen zu wollen. Damit schoss er aber übers Ziel hinaus, weil eine nationalistische Politik nach ungarischem Vorbild auch von der Mehrheit der konservativen Slowenen abgelehnt wird. Dieser strategische Fehler gepaart mit seiner von zahlreichen Skandalen behafteten Person, sind die maßgeblichen Gründe der von ihm selbst vermutlich am wenigsten erwarteten Wahlniederlage. Letztendlich werden ihm vielleicht auch die Wahlumfragen selbst geschadet haben, da vielen konservativen Wählern ein zu starker Jansa vermutlich unheimlich wurde. Ein Teil der potentiellen Jansa-Wähler, denen seine Eskapaden zuviel geworden waren, wanderten ab zur katholisch-konservativen Partei Nova Slovenija, und zur ebenfalls neu gegründeten Partei des ehemaligem Jansa-Vertrauten Gregor Virant, die 8 % der Stimmen erreichte.
Schwere Aufgabe für Wahlsieger Jankovic
Jankovic wird nun zeigen müssen, dass er das Vertrauen der Wähler nicht enttäuscht. Insbesondere die schwierige Haushaltssituation, die hohe Arbeitslosigkeit und die von der Vorgängerregierung nicht realisierten Reformen des Renten- und Gesundheitsystems sind wahre Sysiphus-Aufgaben, die nur mit einer stabilen Mehrheit und verlässlichen Koalitionspartnern bewältigt werden können. Er wird innerhalb des neuen Bündnisses Kompromisse eingehen müssen. Ob dieses dem ehemaligen Topmanager leicht fallen wird, bleibt fraglich. Gleiches gilt für eine Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften, ohne die die anstehenden Reformen kaum umgesetzt werden können. Ansonsten wird Slowenien von einer weiteren Flut an Referenden überrollt, in deren Verlauf die Reformen versanden werden.
Und last but not least wird er die Wähler in einem Punkt nicht enttäuschen dürfen: seiner persönlichen Integrität. Sobald diese feststellen sollten, dass das von ihm aufgebaute Image als „Anti-Jansa“ nur Fassade war, ist sein Zauber, welchen er volksnah und integer im Wahlkampf verbreitete, dahin sein. Man kann daher im Sinne Sloweniens nur hoffen, dass er das Vertrauen rechtfertigt und eine erfolgreiche Politik macht. Erfolgreich für das Land und seine Bürger und nicht erfolgreich für sich.