Gottscheer Deutsche: sie sollten nach dem Krieg vergessen werden

Kočevske Poljane – Im Tal des Črmošnjiško-Poljanska war es wieder möglich, das Gottscheer-Deutsch zu hören. Ein Dialekt, der einst auf einem Gebiet von rund 800 Quadratkilometern im Gottscheer-Land (Kočevska) gesprochen wurde. Mitglieder dieser Gruppe versammelten sich bei einer Veranstaltung, die im Rahmen der „Tage der Gottscheer Kultur“ zum 4. Mal stattfand.

„Wir haben keine Schätzung, wie viele Gottscheer es in Slowenien noch gibt“, sagt Marjan Štangelj, Präsident des Vereins der Gottscheer Ureinwohner aus Občice, der 105 Mitglieder hat. Allerdings ist das nicht die Zahl der Gottscheer, die 600 Jahre lang auf einem rund 800 Quadratkilometer großem Gebiet des Gottscheer-Landes lebten, da auch lediglich Förderer des Vereins Mitglieder sein können. In dem Gebiet, wo einst ein Wald war, siedelten sich im 14. Jahrhundert Bauern aus Kärnten und Osttirol an, die über die Jahrhunderte ihre Sprache, das Gottscheerische, und ihren Brauchtum bewahrten. Sie lebten von der Landwirtschaft und dem Hausieren, nachdem Kaiser Friedrich II. im Jahre 1492 den Gottscheern und den Reifnitzern (slow. Ribničani) das Hausierer-Patent gab. Die Genehmigung zum Verkauf eigener Erzeugnisse im gesamten Kaiserreich.

»Sie weinten, sie wollten nicht gehen.«

Wegen der schweren Lebensbedingungen wanderten zwischen den Weltkriegen viele ins Ausland, vor allem nach Amerika, aus, weshalb es hieß, dass mehr Gottscheer im Ausland leben als im Gottscheer-Land. Im Winter 1941/42, als die Deutschen fast 12.000 der Gottscheer-Deutschen mit dem Zug nach Obsotelje brachten, wo zuvor rund 20.000 Slowenen vertrieben wurden, blieben im Gottscheer-Land nicht mehr viele Ureinwohner. „Ich erinnere mich, dass ich mit meinem Vater 1942 nach Črmošnjice ging, dass wir uns beide von seinen Gottscheer Freunden verabschiedeten, die das Gebiet verließen“, erinnert sich der heute 85 jährige Jože Peršina, der fortführt: „Sie weinten, sie wollten nicht gehen. Jedoch gab es im Tal rund 10 Enthusiasten, die von der Auswanderung begeistert waren. Sie sagten, dass sie ins Reich gehen“.

Im Črmošnjiško-poljanska Tal verblieben ungefähr 100. „Heute lebt hier nur noch eine Hand voll Gottscheer“, sagt Štangelj, der Gottscheer Wurzeln hat, die er aber wie viele andere erst in den vergangenen 10 oder 20 Jahren wieder aufleben ließ. Die Ursache dafür war die Leugnung dieser Gruppe in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg. „Über die Gottscheer wurde nicht gesprochen, erst in den Achtzigern hat sich das geändert“, erinnert sich der 78 jährige Alojzij Pavel Florjanič, der mütterlicherseits Gottscheer ist: „Ich wusste nicht, weshalb sie uns in der Schule mieden“.

Die Gottscheer sind ein wichtiger Teil der Geschichte dieses Gebietes

Etwas anders war es bei Johanes Hans Jaklitsch, der 1941 geboren wurde und bei seinem Vater aufwuchs, der sich nach dem Krieg um 4 Kinder kümmerte. „Mit 6, als ich in die Schule ging, konnte ich kein Slowenisch, nur das Gottscheerische“, erklärt er. Zum Glück kannte die Lehrerin die Umstände, wodurch er die Amtssprache etwas lernte. Aber später, als er hätte weiter in die Schule nach Postojna gehen können, war das nicht möglich. „Zwar stand nirgendwo, dass ein Gottscheer nicht in die Schule darf, aber ich denke, dass es der Grund war. So blieb ich in Vaters Werkstatt als Tischlerlehrling“, sagt der Mann, der danach noch eine Reihe an Schulen abschloss und der dieses Jahr am Abenddialog des 4. „Tages der Gottscheer Kultur“ mitarbeitete, das von den Gemeinden Kočevje (dt. Gottschee), Semič (dt. Semitsch) und Dolenjske Toplice (dt. Töplitz) organisiert wird.

„Die Gottscheer Deutschen lebten hier 600 Jahre lang und sind ein bedeutender Teil der Geschichte dieses Gebietes“, sagt Jože Muhič, Bürgermeister der Gemeinde Dolenjske Toplice (dt. Töplitz), der überzeugt davon ist, dass solche Schätze gepflegt und unterstützt werden müssen: „Unterschiedlichkeit bereichert“. Und auch deshalb, weil eine Gemeinde, die sich im Klaren ist über die Bedeutung des Tourismus‘, von den Gottscheern oder ihren Nachkommen besucht wird, die sich nach dem 2. Weltkrieg über die ganze Welt verstreuten und jetzt die Heimat ihrer Vorfahren kennenlernen wollen.

Wie kann der Dialekt erhalten werden?

Muhič ist ebenso davon überzeugt, dass die Gottscheer in dem Teil Sloweniens ihre Fußstapfen hinterließen, die man noch in den Dörfern sieht, auf den Friedhöfen. Leider stirbt der Gottscheerische Dialekt aus, den auch Deutsche nur schwer verstehen können. Nur wenige Junge sprechen ihn noch, sagt Marjan Štangelj: „In den Familien, in denen sich Gottscheer heirateten, wurde sich im Dialekt unterhalten. War aber einer der Partner Slowene, wurden die Kenntnisse nicht weitervermittelt“. Man schätzt, dass es noch 2 Familien in ihrem Tal gibt, wo das Gottscheerische noch die Umgangssprache ist. Feststeht, dass der Dialekt, Gottscheer würden Sprache sagen, ausstirbt.

Eine Möglichkeit, wie der Dialekt bewahrt werden könnte, kennen sie im Verein der Gottscheer nicht, denn ein Kurs zum Erlernen würde den Dialekt nicht als lebendige Sprache erhalten. „Die Meisten, die nicht mit dem Gottscheerischen aufwuchsen, können ein paar Sätze oder Phrasen, weshalb es leider sicher ist, dass das Gottscheerische in unserem Bereich aussterben wird. Deshalb planen wir im Verein, dass wir möglichst viel davon aufzeichnen werden und wenigstens auf diese Weise bewahren werden“, sagt Marjan Štangelj.

Für die Anerkennung der deutschen Minderheit

Der Verein der Gottscheer Ureinwohner ist an erster Stelle der Kulturvereine, sagt Štangelj: “ Wir sind auch ein unpolitischer Verein, haben aber dennoch einen völlig klaren Standpunkt zur Bestrebung für die Anerkennung der deutschen Minderheit in Slowenien, wozu auch die Gottscheer als eine bedeutende Gruppe gehören. Diese Bestrebung unterstützen wird, denn die Gesetze als auch die Finanzierung des Vereins müssen geregelt werden. Das Gottscheerische wird ihnen nahezu sicher nicht gelingen zu erhalten, aber die alteingesessenen Österreicher in Slowenien könnten das Deutsche behalten, sagt Štangelj.

Quelle: https://www.delo.si/lokalno/dolenjska/jezika-nam-ne-bo-uspelo-ohraniti-93655.html

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